Geist ist nicht das Gespenst, vor dem Kinder sich fürchten. Geist ist die Atmosphäre zwischen Menschen, die ich wahrnehme, wenn ich einen Raum betrete; Geist ist die Stimmung, die innere Haltung, mit der ich einem anderen Menschen begegne.
Der Gottesgeist taucht schon ganz am Anfang der Hebräischen Bibel auf, er ist schon vor aller Schöpfung und schwebt über den Wassern (Gen 1). Die Ruach schafft Leben, sie ordnet und strukturiert – Licht und Finsternis, Wasser und Land. Die Sophia, die göttliche Weisheit, spielt vor Gott wie ein Kind, das aus Bauklötzen ein Dorf baut (Spr. 8). Spiel ist zweckfrei. Spielerisch, schöpferisch und phantasievoll ist der Gottesgeist. Nicht ergebnisorientiert, nicht effektiv – aber dafür umso kreativer, bunter und lebendiger. Da zeigt sich, „wes Geistes Kind“ du bist? Ja: Gottes-Geistes-Kind!
Können wir diese Zusage ohne die implizierte Negation hören?
Muss die Adoption der Kinder im Geiste immer auch die Enterbung der Kinder Israels im Fleische bedeuten?
Ist es möglich vom Geist zu sprechen, ohne das Fleisch zu verteufeln?
Hätte Paulus gewusst, dass seine konfrontative Rhetorik sich in systematischen Antijudaismus verhärtet, dann hätte er vielleicht eine weniger dualistische Sprache benutzt. Dann wäre uns möglicherweise auch die frauenfeindliche, verklemmte Sexualmoral der christlichen Auslegungstradition erspart geblieben. Denn seine Polemik gegen das Fleisch, das in Vers 7 kurzerhand mit „Feindschaft gegen Gott“ gleichgesetzt wird, wurde jahrhundertelang benutzt um die Unterwerfung von Frauen, Juden, und Sklaven zu begründen.
Dabei ist der Geist Gottes nur in der Schöpfung zu finden. In dieser vielfältigen, sterblichen, schönen, chaotischen und verletzlichen Welt. Es gilt, diese Welt zu heiligen, indem wir uns vom Geist Gottes (an)treiben lassen, und immer wieder neu darauf vertrauen, dass „Dein Wille getan werde, wie im Himmel so auf Erden.“